Das Projekt InSekt nimmt mit seiner Forschung die klimafreundliche Ausgestaltung des Energiesystems in den Blick. Dabei steht vor allem die effiziente Verzahnung des Strom- und Wärmesektors im Fokus. Das Projektteam untersucht, auf welche Weise nichtstrombasierte Technologien bidirektional mit dem Stromsektor verbunden werden können, um möglichst viel CO2 einzusparen.
Neben der Kopplung des Strom- und Wärmebereichs wird auch die stärkere Einbindung weiterer erneuerbarer Energien sowie Power-to-X-Technologien untersucht. Die intelligente Steuerung der Einzelsysteme erfolgt über eine dezentrale agentenbasierte Smart-Grid-Lösung, deren Praxistauglichkeit an einer Pilotanlage in Lemgo demonstriert werden soll.
Das Projekt auf einen Blick
Kurztitel: InSekt
Projektname: Intelligente Sektorenkopplung zur Reduktion von CO2 – Emissionen in Energieversorgungssystemen
Projektpartner: Universität Duisburg-Essen, Stadtwerke Lemgo GmbH, Bergische Universität Wuppertal
Projektstart: 01.06.2018
Projektlaufzeit: 3 Jahre
Förderrichtlinie: Sieger des Klimaschutzwettbewerbs EnergieSektorenkopplung.NRW mit Förderung durch EFRE- und Landesmittel
Fördersumme: 674.158,03 Euro
Videointerview: Wie die intelligente Sektorenkopplung genau funktioniert und welche großen Erfolge dabei erzielt werden, erlären Projektleiter Dr. Jürgen Roes und Christian Thommessen von der Universität Duisburg-Essen.
Optimierter Anlagenverbund zur Steigerung des Anteiles erneuerbarer Energien im Wärmebereich
Ein Hauptaugenmerk des Projekts liegt auf der optimierten Einbindung einer Abwasser-Wärmepumpe in das Fernwärmenetz der Stadtwerke Lemgo. Eine im Pilotversuch zu entwickelnden Smart-Grid-Lösung soll dabei eine intelligente Netzsteuerung auf Mittelspannungs- und Wärmenetzebene ermöglichen. Die im Jahr 2018 errichtete Wärmepumpe verfügt über eine thermische Leistung von 2,3 Megawatt, und wurde mit dem bereits vorhandenen Blockheizkraftwerk (BHKW) am dortigen Klärwerk verbunden. Das BHKW dient nicht nur der Stromversorgung der Wärmepumpe, die direkt an dem Generator angeschlossen ist. Es ermöglicht auch das Nachheizen des von der Wärmepumpe bereitgestellten heißen Wassers, um es auf einem höheren Temperaturniveau in das örtliche Fernwärmenetz einspeisen zu können.
Das Projektteam arbeitet an der Identifikation der optimalen Voraussetzungen für einen effizienten Betrieb der Wärmepumpe: sowohl mit niedrigeren Netzbetriebstemperaturen als auch durch eine verstärkte Sektorenkopplung mit Netzstrom aus der Mittelspannungsebene. Werden die umgebenden Betriebsparameter des Wärmenetzes exakt aufeinander abgestimmt, können etwa 16 Gigawattstunden der bisher über Gaskessel bereitgestellten Wärme ersetzt und damit jährlich knapp 3.200 Tonnen CO2 eingespart werden.
Der Anlagenverbund soll zeitnah um mehrere Elemente erweitert werden. Die optimale Einbindung dieser Anlagen wird im Rahmen des Projekts über die Simulation verschiedener Betriebsszenarien analysiert. Für 2022 ist die Inbetriebnahme einer Flusswasser-Wärmepumpe sowie einer Solarthermieanlage geplant, die ebenfalls an das Fernwärmenetz angeschlossen werden sollen. Die Bereitstellung erneuerbarer Fernwärme könnte damit auf etwa 25 Gigawattstunden pro Jahr erhöht werden, was einem Anteil von mehr als 16 Prozent des Gesamtwärmebedarfs entspricht. Perspektivisch soll im Rahmen einer weiteren Ausbaustufe ein Biomasseheizkraftwerk entstehen, wodurch der Anteil der erneuerbaren Wärme auf 25 Prozent erhöht werden könnte.
Stabiler Netzbetrieb mit Hilfe innovativer Smart-Grid-Lösung
Um die Potentiale der Einzelsysteme zu optimieren und eine möglichst hohe Reduktion klimaschädlicher Treibhausgasemissionen zu erreichen, setzt das Projektteam auf die Möglichkeiten der Sektorenkopplung. Dabei erfordert vor allem die Regelung der Wärmepumpe, die einen hohen Leistungsbedarf von etwa 850 Kilowatt aufweist, intelligente Kontrollstrategien zur Stabilisierung des Gesamtsystems. Hierzu wurde im Rahmen des Projekts eine Smart-Grid-Lösung entwickelt, die sowohl eine netzdienliche Steuerung des Mittelspannungs- als auch des Wärmenetzes ermöglicht. Ziel ist es einerseits, die Wärmepumpe vorrangig mit Strom aus erneuerbaren Energien zu betreiben. Andererseits sollen die Flexibilitätsoptionen und Speicherkapazitäten des Wärmenetzes zur Stabilisierung des elektrischen Netzes genutzt werden.
Agentenbasierter Automatisierungsansatz zur Netzregulierung
Diese komplexen Herausforderungen bewältigt das Projektteam mit Hilfe innovativer Agenten-Technologie auf Basis des Software-Frameworks Agent.Workbench und des Konzeptes universeller Energie-Agenten, die beide an der UDE entwickelt wurden. Auf dieser Grundlage werden zunächst Simulationen zur Optimierung des Wärme- und Stromnetzes erarbeitet, die mit Abschluss des Projekts in die Praxis überführt werden sollen.
Innerhalb des entwickelten Automatisierungssystems werden die Netzberechnungen beider Sektoren zusammengeführt und die Regelung der eingebundenen Energieerzeuger optimiert. Eigenständig agierende Agenten, die jeweils einen autarken Abschnitt des Mittelspannungsnetzes regulieren, überwachen die relevanten Parameter und ermitteln bei Grenzwertverletzungen untereinander eine ideale Lösung. Damit gewährleisten sie - auf Basis lokaler Zielsetzungen - zu jeder Zeit einen sicheren Netzbetrieb. Mit Hilfe des innovativen Automatisierungsansatzes können zudem die Betriebsbedingungen des Fernwärmenetzes so angepasst werden, dass die Abwasser-Wärmepumpe eine maximale Leistung erbringen kann. Ein integriertes Monitoring ermöglicht dem Netzbetreiber dabei einen kontinuierlichen Überblick über den Netzzustand beider Sektoren.
Ein wichtiger Aspekt der Projektumsetzung ist es zudem, die Übertragbarkeit des entwickelten Lösungsansatzes für eine klimafreundliche, sichere und kostengünstige Energieversorgung zu gewährleisten. Das zugrundeliegende Softwareframework wird bereits auf einer eigenen Website frei zur Verfügung gestellt. In Kombination mit den nach Projektabschluss veröffentlichen Ergebnissen birgt dies großes Potential, Anreize zur Nachahmung zu schaffen.
Stand: September 2021