Auf dem Weg zur klimaneutralen Industrie
Die Stahlproduktion hat ihre Emissionen in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gesenkt. Die kohlebasierte Route wurde nah an ihr theoretisches Optimum herangeführt. Deswegen ist ein Technologiewandel nötig, um die Stahlherstellung klimaneutral aufzustellen. Dabei im Mittelpunkt: Wasserstoff. In Duisburg wird dessen Einsatz im Hochofen bereits getestet.
Im Hochofen findet der erste Schritt auf dem Weg zum Stahl statt. Dort wird dem Eisenerz Sauerstoff entzogen, traditionell mit Hilfe von Kohlenstoff. Unter anderem wird der Kohlenstoff in Form von Kohlestaub in den Ofen eingeblasen. Die Folge: Es entsteht CO2. Mit dem Projekt H2BF erforscht thyssenkrupp Steel gemeinsam mit dem VDEh-Betriebsforschungsinstitut (BFI) in Duisburg neue Wege, um diese CO2-Emissionen zu reduzieren. Statt Kohlestaub wird in einen der Hochöfen teilweise Wasserstoff eingeblasen. Auch der Wasserstoff entzieht dem Eisenerz Sauerstoff – aber statt CO2 entsteht dabei Wasser.
Aus Experimenten lernen
Im November 2019 wurde erstmals Wasserstoff in einen laufenden Hochofen eingeblasen. Seitdem finden an einer von 28 Blasformen am Hochofen weitere Versuche statt. In der ersten Projektphase geht es vor allem um die technische Erprobung, denn der Wasserstoff sorgt unter anderem für deutlich höhere Temperaturen als der normalerweise verwendete Kohlestaub. Entsprechend geht es darum, die Auswirkungen dieser höheren Temperaturen auf die Anlagentechnik zu untersuchen. Hinzu kommen Erkenntnisse zu den Druckverhältnissen im Hochofen und zur richtigen Position der Lanze, mit der der Wasserstoff eingeblasen wird. Im Anschluss soll der Einfluss des neuen Verfahrens auf den Gesamtprozess der Stahlherstellung erforscht werden. Die Versuche an einer Blasform sollen die Grundlage schaffen, um die Wasserstoffinjektion auf alle 28 Blasformen ausweiten zu können. In der zweiten Projektphase wird es um metallurgische Untersuchungen gehen und darum, wie effektiv das Verfahren ist. Dazu gibt es zwar theoretische Betrachtungen, bisher jedoch keine großindustriellen Erfahrungen.
Kleine Veränderung, große Wirkung
Bis Ende 2021 sollen alle 28 Blasformen des Hochofens auf den teilweisen Einsatz von Wasserstoff umgestellt werden. Spätestens dann wird die benötigte Menge an Wasserstoff nicht mehr mit einem Tanklastwagen angeliefert werden können. Stattdessen soll der thyssenkrupp-Standort mit einer Pipeline verbunden werden. Das neue Verfahren hat zwei Vorteile: Erstens lässt sich die Technologie kurzfristig umsetzen, ohne dass neue Anlagen gebaut werden müssen. Zweitens können bis zu 20 Prozent der sonst entstehenden CO2-Emissionen vermieden werden. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg in eine klimaneutrale Stahlherstellung.
Podcast zum Projekt
Theresa Overbeck vom BFI leitet das Projekt H2BF, das die Wasserstoffnutzung am Hochofen erprobt. Im Interview erklärt sie, welche Relevanz das Projekt fürdie klimaneutrale Stahlproduktion hat und was die Energiezukunft für sie persönlich bedeutet.
Förderpolitischer Rahmen
Das Vorhaben „Wasserstoff statt Kohle“ (H2BF) der tyssenkrupp Steel und des VDEh-Betriebsforschungsinstituts (BFI) ist ein Beispiel für die Anschlussfähigkeit von Projekten aus Nordrhein-Westfalen an Bundesförderprogramme . Das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit H2BF ein wegweisendes Projekt für eine klimafreundliche Stahlproduktion am Standort Duisburg gefördert. Aus den Erkenntnissen dieses Vorhabens sind mittlerweile zwei Nachfolgeprojekte hervorgegangen. Eines davon (H2Stahl) erhält als Reallabor der Energiewende eine Förderung über Bundesmittel, während das andere (ProBF) weiterhin mit Landesmitteln aus dem Wirtschaftsministerium unterstützt wird.
zur Website der ReallaboreStand: Dezember 2020
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