Ob in der Freizeit, im Beruf oder im globalen Wettbewerb: Mobilität ist wesentlicher Bestandteil und oft auch Voraussetzung für das Funktionieren unserer zunehmend vernetzten Gesellschaft. Das hat allerdings seinen Preis. So war der Verkehrssektor im Jahr 2020 für mehr als 20 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich.
Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, hat die nordrhein-westfälische Landesregierung im Dezember 2021 das Handlungskonzept Synthetische Kraftstoffe vorgestellt. Denn in Bereichen, in denen eine Elektrifizierung oder der Einsatz von Brennstoffzellen nicht möglich oder sinnvoll ist, bilden regenerativ erzeugte Kraftstoffalternativen einen vielversprechenden Lösungsweg. Aber nicht nur im Mobilitätsbereich, wie zum Beispiel beim Langstrecken-Flugverkehr oder der (Hochsee-) Schifffahrt, bergen synthetische Kraftstoffe großes Potential. Auch als Grundstoff können sie einen wichtigen Beitrag zur klimaneutralen Transformation der chemischen Industrie leisten.
Das Handlungskonzept der Landesregierung zielt darauf ab, den Markthochlauf der klimafreundlichen Kraftstoffe zu beschleunigen und deren verstärkten Einsatz zu ermöglichen. Um die Vorreiterrolle Nordrhein-Westfalens als klimafreundliches Technologieland zu stärken, sollen die Rahmenbedingungen für eine skalierte Produktion und das Heben industriepolitischer Chancen geschaffen werden.
Zur Erreichung dieser Ziele führt das Handlungskonzept Synthetische Kraftstoffe konkrete Maßnahmen und Impulse in verschiedenen Aktionsfeldern auf. Von zentraler Bedeutung ist dabei das Zusammenspiel mit der Wasserstoff Roadmap und der Carbon Management Strategie des Landes. Denn zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe werden einerseits große Mengen Wasserstoff benötigt. Daher treibt die Landesregierung den zügigen Aufbau von Elektrolysekapazitäten in Nordrhein-Westfalen sowie der erforderlichen Transport- und Importinfrastrukturen von Wasserstoff gezielt voran. Andererseits bedarf es ausreichend großer Mengen an qualitativ geeignetem CO2, um die Produktion an den nordrhein-westfälischen Raffinerie- und Chemiestandorten anzukurbeln. Daher gilt es ebenso, die Errichtung leistungsstarker Produktionsanlagen und Transportinfrastrukturen für CO2 möglichst rasch anzugehen.
Vereinfachte, beispielhafte Darstellung von Herstellungs- und Nutzungspfaden synthetischer Kraftstoffe.
Als weiteres wichtiges Aktionsfeld geht das Handlungskonzept auf die Stärkung internationaler Partnerschaften und Kooperationen ein. Denn um den prognostizierten Bedarf an synthetischen Kraftstoffen abdecken zu können, wird Nordrhein-Westfalen auch künftig auf Importe angewiesen sein. Dem Aufbau und der Intensivierung von zuverlässigen und leistungsstarken Importketten kommen daher eine hohe Bedeutung zu.
Das kann die Energieforschung leisten
Die Relevanz der Energieforschung für den erfolgreichen Einsatz von synthetischen Kraftstoffen ist enorm – was sich auch darin widerspiegelt, dass die Energieforschung ein eigenes Aktionsfeld innerhalb des Handlungskonzepts abbildet. Denn auf dem Weg zur Marktreife und Wettbewerbsfähigkeit der entwickelten Produkte stehen die klimafreundlichen Kraftstoffe noch einigen Herausforderungen gegenüber. Insbesondere der Herstellungsprozess weist aktuell noch Optimierungspotenzial hinsichtlich seiner Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz auf. Zwar besitzen viele der Technologien bereits einen hohen Reifegrad, aber noch ist die Herstellung zu komplex und teuer, um in die kommerzielle Anwendung zu gelangen. Die Landesregierung treibt daher über die gezielte Förderung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten die rasche Optimierung und größtmögliche Effizienzsteigerung der innovativen Technologien und Produktionsprozesse voran.
Die nordrhein-westfälische Forschungslandschaft ist sowohl bezüglich der Herstellung als auch der Nutzung von synthetischen Kraftstoffen ausgesprochen stark aufgestellt. Gemeinsam mit der fundierten Expertise als Raffinerie- und Chemiestandort verfügt Nordrhein-Westfalen über beste Voraussetzungen, um zur Modellregion für effiziente Technologien und intelligente Geschäftsmodelle im Bereich synthetischer Kraftstoffe zu werden. Relevant ist dabei vor allem die Schnittstelle zur industriellen Umsetzung. Die starke Forschungslandschaft kann als Anreiz- und Initiativgeber im Schulterschluss mit Wirtschaft und Industrie den notwendigen Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis beschleunigen. Um die künftig erforderliche Hochskalierung und Produktion in einer ausreichenden Größenordnung zu bewerkstelligen, können groß angelegte Demonstrationsprojekte wertvolle Erkenntnisse für eine erfolgreiche Umsetzung hervorbringen.
Wenn mit Hilfe der Energieforschung die Herstellungs- und Nutzungsverfahren synthetischer Kraftstoffe weiter optimiert werden, eröffnen sich aussichtsreiche Marktpotenziale und ökonomische Chancen. Vor allem im Anlagen- und Maschinenbau kann Nordrhein-Westfalen auf ein funktionierendes Ökosystem zurückgreifen, das signifikante Exportmöglichkeiten mit sich bringt. Aus diesem System gehen bereits heute erfolgreiche Komponenten hervor, die weltweit Abnehmer finden und Marktinteressen bedienen. Angesichts der steigenden Nachfrage nach innovativen Klimaschutztechnologien kann Nordrhein-Westfalen zu einem weltweiten Spitzenreiter in der Entwicklung und Ausfuhr regenerativer Kraftstofftechnologien und effizienter Produktionsprozesse werden.